Die junge Sängerin Janina Nossak verschwindet spurlos nach ihrem ersten öffentlichen Konzert in Hamburg. 15 Jahre später glaubt der Journalist Eric Teubner den Hinweis auf ein mögliches Verbrechen entdeckt zu haben und rollt den alten Fall noch einmal auf. Dabei wird die Spurensuche nach der eigenwilligen Interpretin verstörender Songs für ihn zur Obsession. Während seiner Nachforschungen taucht der Journalist immer tiefer in die unterschiedlichen Milieus Hamburgs ein, um damalige Zeugen aufzuspüren und löst mit seiner Hartnäckigkeit eine Kette fataler Ereignissen aus. Ein Kriminalroman, der das Schicksal seiner verschwundenen Titelfigur aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet, bis langsam die ganze erschreckende Wahrheit ans Licht kommt.
Bernd Richard Knospe erzählt atmosphärisch dicht und unvermittelt von einem Kriminalfall, der nicht gelöst werden will und dessen Ereignisse sich zu wiederholen scheinen. Er arrangiert seine Figuren um die abwesende Protagonistin im Zentrum der Erzählung und zeichnet sie durch pointierte Dialoge zu markanten und komplexen Charakteren. Knospes mehrstimmig erzählte Komposition ist außerdem eine Verbeugung vor der Macht der Musik.
Figuren
Die Handlung kreist um verschiedene Figuren, die nach und nach zueinander finden. Die wichtigsten Personen hierbei sind Eric Teubner, ein von Janinas Fall besessener Journalist, der unbedingt ein Buch über das verschwundene Mädchen schreiben will, und Frank Jensen, ein krebskranker ehemaliger Privatdetektiv, der wieder aktiv wird, als eine weitere Frau verschwindet.
Einige Kapitel bekommen aber auch ein alkoholkranker Polizist und eine vielleicht etwas zu engagierte angehende Journalistin.
Schreibstil
Ich war tatsächlich sehr überrascht, als ich die ersten Seiten von „Blue Note Girl“ las. Einfach, weil ich so einen detaillierten und tiefgehenden Schreibstil bei Krimis nicht gewohnt bin. Da hat mich der Autor tatsächlich positiv überrascht. Ich konnte Janinas Musik und die dauerhafte Schwere, die diese über die Story legte, wirklich fühlen.
Leider kam jedoch über die ersten 200 Seiten nur wenig Spannung für mich auf. Nur hin und wieder, wenn größere Ereignisse einschlugen, hob sich für eine Weile der Spannungsbogen.
Inhalt
Eigentlich würde ich mich als eine Leserin beschreiben, die recht schnell eine Bindung zu Buchfiguren aufbaut, egal, wie diese dann aussehen. Bei „Blue Note Girl“ hat es jedoch ein ganzes Weilchen gedauert, bis ich wirklich am Schicksal von Eric Teubner, Frank Jensen und Co. Interesse fand. Woran das genau liegt, weiß ich leider nicht einmal, denn der Autor hat seine Charaktere sehr vielschichtig und auch mit einer Menge eigenem Charakter kreiert. In meinem Kopf wollte ich all die Figuren vielleicht etwas zu unbedingt mögen. Erst mit der Zeit wurde mir die eine oder andere Figur wichtig. Dabei haben alle wichtigeren Charaktere etwas an sich gehabt, was ich in Büchern liebe: Puren, trockenen Zynismus. So richtig kommen sie alle nicht miteinander klar, doch raffen sie sich aus verschiedenen Gründen mehr oder weniger zusammen, wodurch ein „Ermittlerteam“ entsteht, dass in dem Sinne eigentlich gar keins ist und somit schon mal mit vielem Krimi-Klischees bricht.- Eine weitere positive Überraschung.
Selbst Janina, die man nur durch Erinnerungen und ihre Musik kennenlernt, wirkt sehr präsent, denn sie bewegt sich wie ein Geist durch die Köpfe der Leute und ist gleichzeitig absolut nicht greifbar.
Gewissermaßen hatte ich eine Handlung erwartet, in der ich über die intensive Bearbeitung zu Janinas Fall mitverfolgen würde, doch letztendlich fungiert sie eher als der Rote Faden, der alles zusammenhält und hin und wieder etwas im Hintergrund verschwindet, denn den Großteil der Story nimmt eine weitere, neue Entführung ein, die ohne Janinas Verschwinden zwar vielleicht nie stattgefunden hätte, mich aber trotzdem eine ganze Weile vom eigentlichen Kern der Geschichte abgelenkt hat. Ich möchte nicht direkt sagen, dass es zeitweise zwei Rote Fäden gab, doch konkurrieren Haupt- und Nebenhandlung stellenweise stark miteinander. Aber wer weiß, vielleicht hat das der Autor ja sogar beabsichtigt, um frischen Wind in trockene Nachforschungen zu bringen (die eigentlich gar nicht so trocken sind), á la „Der Weg ist das Ziel“.
Zwar war der Weg bis zum Finale für mich teilweise recht holprig, doch habe ich es absolut nicht kommen sehen, was auf den letzten Seiten auf mich gewartet hat. Die „Mauer“, die um das gesamte Phänomen „Janina“ hochgezogen wurde, bröckelte schnell und was dahinter lag, habe ich in gefühlt wenigen Sekunden völlig verschlungen.
"Ich hatte vorher nie etwas Vergleichbares gehört. Finstere Worte. Beunruhigende Melodien. Einfach großartig. Einzigartig. Beklemmend. Nicht von dieser Welt. Dass sie überhaupt zu solchen Gedanken fähig war, das machte mich betroffen. Das war kaum zu ertragen. Aber genial. [...]"
Seite 80
Zwar wird die Spannung zwischendurch recht dünn und auch die Nähe zu den Charakteren ist nicht wirklich immer da, doch hat der Autor mit einem Finale zum Luftanhalten und einer permanenten düsteren Stimmung einiges bei mir an Punkten gesammelt.
5/7
ISBN: 978-3-939990-46-8
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