Donnerstag, 21. Januar 2016

{Rezension} Das verlorene Dorf

Oberbayern 1843: Als sich die junge Waise Rosalie in den Bauern Romar verliebt, scheint sie ihr Glück gefunden zu haben. Doch die Waisenhausvorsteherin warnt Rosalie vor dieser Ehe und macht sonderbare Andeutungen. Rosalie heiratet Romar dennoch und folgt ihm in sein Heimatdorf, das tief im Wald verborgen liegt. Eines Nachts hört Rosalie ein Neugeborenes weinen, das am nächsten Tag als angebliche Totgeburt begraben wird. Dann kommt eine junge Frau, mit der Rosalie sich angefreundet hat, auf mysteriöse Weise zu Tode. Rosalie wird bald bewusst, dass in Romars Dorf nichts ist, wie es scheint – und dass auch sie selbst in tödlicher Gefahr schwebt ...


Dieses Buch zu lesen fühlte sich für mich an, wie früh am Morgen bei Nebel im Wald zu sitzen. Melancholisch, kühl, intensiv, etwas schaurig und vor allem erdrückend. Denn schon von Anfang an fällt kaum Licht in Rosalies Leben. Sie ist ein Albino und im Deutschland von 1844 somit eine Missgeburt und für manch einen ganz und gar eine Hexe. Verlassen von ihren Eltern wächst sie in einem Heim auf, kennt weder Freunde noch Zuneigung. Lediglich Schwester Agnes und später Cäcilia, eine Köchin, stehen zu ihr, auch wenn es beide gleichermaßen abschreckt, dass Rosalie regelmäßig Tote zeichnet. Sie ist noch nicht ganz erwachsen, als sie Romar kennenlernt. Ich habe ihn sofort gemocht, denn er ist keiner dieser geleckten, stoppelbärtigen Schönlinge, die man zuhauf in vielen vielen Büchern findet, sondern ein Mann. Ein männlicher Mann. Supermännlich. Außerdem hat er eine sehr warme und empfindsame Art, mit Rosalie umzugehen. Somit ist es kein Wunder, dass sie gar nicht zögert, als er sie bittet, seine Frau zu werden. Die ersten Fragen kommen schon da auf, denn er macht ein riesiges Geheimnis aus dem Ort, an dem er lebt. - Haberatshofen. Das ist ein kleines Dorf, in dem nichtmal 30 Leute leben. Als Rosalie das erste Mal auf die Bewohner trifft, wird sie herzlich in dieses verwunschene, schöne Dorf aufgenommen.
Eigentlich wirkt alles perfekt, doch fängt Rosalie schon bald an, Fragen zu stellen. Alles beginnt mit einer angeblichen Totgeburt, auf welche weitere, mysteriöse Tode folgen. Außerdem folgen die Dörfler strengen Regeln, die der jungen Braut ebenfalls nicht ganz geheuer sind.
Auch mir stellten sich immer mehr Fragen, weswegen ich Rosalies Geschichte innerhalb von zwei Tagen verschlungen hab. Es ist nicht so, dass man vor Spannung zerfressen und deswegen gehetzt wird, das Buch schnell zu beenden, allerdings hat die Autorin einen derart sanften und trotzdem beklemmenden Schreibstil, dass ich gar nicht gemerkt habe, wie die Seiten dahinflogen. Ich war beim Lesen wirklich in diesem Dorf, fühlte mich wie eine Augenzeugin. Die Gefühle der Protagonisten färbten auf mich ab und so nahm mich „Das verlorene Dorf“ ganz und gar ein.
Ich muss aber sagen: Dieses Buch ist mehr tragisch als gruselig. Eigentlich hatte ich einen gewissen Horror erwartet, stattdessen sind es eher die dunklen Geheimnisse, die der Geschichte die gewisse Würze geben. Zudem sind jene Geister, die in Haberatshofen ihr Unwesen treiben, sehr reale Geister. Und das ist das Gänsehaut verursachende an alledem.- Dass das, was man liest bis zum Ende sehr glaubwürdig bleibt. Denn jene Abgründe traue ich der Menschheit allemal zu.
Zwar habe ich das Ende in manchen Teilen vorhersehen können, doch gab die Autorin auch genug Hinweise darauf. Die Spannung bestand letztendlich dann darin, dass man den Verdacht bestätigt bekommen wollte. Trotzdem gab es noch einige Überraschungen und es gefällt mir, dass sogar eine gewisse Frage offen geblieben ist, die wohl jeder für sich beantworten soll.


Ja, ich werde deine Frau.
Ja, ich werde mit dir tief im Wald leben.
Dort, wo die Menschen fest füreinander einstehen.
Seite 73

Es waren zwei geraunte Sätze,die schwer wie Steine auf den Grund ihres Magens sanken. "Hast du schon einmal versucht, das Dorf zu verlassen, Rosalie? Sie erlauben es nicht."
Seite 171


Vielleicht kein Buch, das dir den Schlaf raubt, aber eines das dich an der Existenz der Menschlichkeit zweifeln lässt.

7/7


ISBN: 978-3-442-47977-1

Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung des Leseexemplars.:)


3 Kommentare:

  1. Hey =)
    Yay, noch ein "Möger" dieses Buches :D
    Es ist genauso wie du schreibst! Dieses beklemmende Gefühl .. grr.
    Das Ende fand ich auch leicht vorhersehbar, aber irgendwie auch nicht :D
    Echt, eine schöne Rezi ♥

    LG ♥
    Anna

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  2. Huhu!

    Ich muss zugeben, dass ich dem Buch nur gute 3 von 5 Sternen gegeben habe! Ich fand die Atmosphäre wunderbar, nur fand ich die Geschichte ein bisschen vorhersehbar, und ich konnte Rosalies Verhalten nicht immer verstehen. Aber ich habe das Buch im Ganzen trotzdem gerne gelesen!

    LG,
    Mikka

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  3. Ich glaube, den Roman möchte ich doch auch noch lesen, aber irgendwie ist der bei mir nach wie vor so ein "Lesewackelkandidat". ;)

    LG,
    Tanja

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