Samstag, 27. April 2019

{Rezension} Hexenherz - Glühender Hass

Er sollte einst Oberhaupt der Familie werden, jetzt gilt er weniger als nichts: Von seiner Mutter in eine männerverachtende Gesellschaft geschleppt und dann im Stich gelassen, ist der junge Kolja hin- und hergerissen zwischen dem Hass auf seine Gebärerin und dem Wunsch, endlich seinen Vater zu finden. Um seinen Zielen näherzukommen, geht er einen gefährlichen Pakt ein und stellt sich gegen die Gesetze der Hexen des Goldenen Reiches – und gegen die der Göttin.

Figuren
Nachdem ich im ersten Band Helena begleiten durfte, ist nun Kolja der Hauptcharakter in Buch 2. Trotz tragischer Vorgeschichte, denn seine Mutter hat seine Familie verlassen und sein Vater wurde gefangen genommen, ist er ein relativ fröhliches Kind. Clever, aber auch naiv und in gewissen Entscheidungen bereits reifer als gedacht.
Einige Kapitel sind auch einem Mädchen gewidmet, das unterdrückt und lieblos von ihrer Familie aufgezogen wird. Inwiefern beide Schicksale zusammenhängen oder aufeinandertreffen habe ich mir schon relativ früh denken können, trotzdem hat diese kleine Nebenhandlung ein ganzes Stück Spannung zum Buch beigetragen.

Schreibstil
In meiner Rezension zu Band 1 habe ich bereits erwähnt, dass ich Monika Loerchners Schreibstil ganz toll finde. Sie erschafft liebevoll ihre Welt und scheut trotzdem nicht davor, das Schlechte in dieser zu zeigen. Nichtsdestotrotz ist Kolja erst 14, also noch ein Kind, und das schlägt sich auch im Schreibstil nieder. Während ich „Hexenherz – Eisiger Zorn“ auch als Fantasy für Erwachsene bezeichnen würde, fällt „Glühender Hass“ für mich eher in die Jugendbuch-Sparte ab 13.
Der Kick aus dem vorhergehenden Band hat mir auch gewissermaßen gefehlt, denn einen 14-Jährigen Jungen kann man einfach nicht so kämpfen und handeln lassen wie eine erwachsene Hexe. Zwar trifft auch Kolja auf genug Hürden und Gegner, fechtet diese Auseinandersetzungen aber auf seine kindliche Weise aus. Die Spannung ist dadurch für mich auch an einigen Stellen einfach nicht so richtig da gewesen.

Inhalt
Von Helena habe ich in diesem Buch nur wenig mitbekommen, denn hier ist sie nur eine Nebenfigur mit wenigen Auftritten. Das bedauere ich, denn sie hat für ordentlich Feuer in „Eisiger Zorn“ gesorgt und so auch viele Emotionen in mir wachgerüttelt, die Kolja einfach nicht erreicht hat. 
Ich erwähnte bereits, dass Koljas Vater verhaftet wurde. Nun will Kolja ihn finden, denn sie konnten sich seit Jahren nicht sehen. Da in dieser Welt, dem Goldenen Reich, Frauen das stärkere Geschlecht sind und die Männer die Unterdrückten und eher Wertlosen, werden Kolja natürlich bei seiner Rettungsmission keine Türen offenstehen. Daher beschließt er, sich als Mädchen zu verkleiden und sich den erst kürzlich Erweckten, also den Mädchen, die gerade erst ihre Magie bekommen haben, anzuschließen. Kolja besitzt als Junge allerdings keine magischen Kräfte, also müssen er und seine Verbündeten sich etwas einfallen lassen, dies zu vertuschen. Eine Lösung wird gefunden und Kolja schließt sich dem Menschenzug aus jungen Mädchen und ein paar Aufpasserinnen Richtung Hauptstadt an. 
Der zweite Teil des Buches ist um einiges stärker als der Erste. Es passiert einfach mehr und die Handlung bekommt nun Hand und Fuß. Kolja wird auch interessanter und zeigt, dass er nicht nur ein Junge ist, den die Welt verraten zu haben scheint, sondern dass in ihm auch ein kleiner Held steckt und sogar einige Züge von Helena, die ich an ihr gemocht habe. 

Ganz unabhängig vom ersten Band betrachtet, ist „Glühender Hass“ ein gutes Buch für jene, die ein Abenteuer für zwischendurch suchen und für jüngere Leser, die etwas Neues versuchen wollen. Wenn ich aber darüber nachdenke, wie genial ich Buch 1 fand, muss ich einfach gestehen, dass Band 2 mich nicht vom Hocker hauen konnte und ich eher enttäuscht wurde. Keine Frage, hier handelt es sich keineswegs um ein schlechtes Buch und ich hatte trotzdem meinen Spaß beim Lesen, allerdings hat mir das gewisse Extra gefehlt, das mich in „Eisiger Zorn“ in seinen Bann gezogen hat. Es tut mir sogar richtig leid, dass ich diesen Band einfach nicht so mögen kann wie seinen Vorgänger. Rückblickend fühlt es sich für mich auch so an, als hätte ich keinen kompletten und eigenständigen Roman gelesen, sondern eine Nebengeschichte zu Band 1. 

Wie Blätter, die von einem Baum fallen, und nie wieder an ihren Zweig zurückkehren können, waren auch diese Momente voller Glück und Zufriedenheit bereits im Vergehen begriffen, sobald sie begonnen hatten. Wir haben es nur nicht bemerkt.
Seite 329

Ein tolles Abenteuer für zwischendurch, dass jedoch nicht mit Band 1 mithalten kann.


ISBN: 9783862826353

meine Rezension zu Band 1:

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Montag, 22. April 2019

{Rezension} Die Chroniken der Träume 1 - Die Krone der Elemente

Der Kaiser des ausgedehnten Salenreiches ist alt und wurde schon seit Wochen nicht mehr gesehen. Das Gerücht, er läge im Sterben, verbreitet sich unter den Landesfürsten, die nach mehr Einfluss am Hof streben. Gleichzeitig schürt eine junge Heerführerin den Grenzkonflikt im Westen zwischen Kaiserreich und benachbartem Herzogtum. Niemand ahnt, dass sie in Besitz eines sagenumwobenen Artefakts gelangt ist, mit dessen magischen Kräften sie Natur und Menschen gleichermaßen zu unterwerfen vermag: der Krone der Elemente. Schon bald setzt sie die Macht der Krone rücksichtslos ein, und ein gewaltiger Krieg entbrennt. Ein Krieg, der das Schicksal aller Menschen und das Antlitz der Welt für immer verändern wird …

Figuren
Ich will ehrlich sein: Ich habe wirklich nicht den Nerv dazu, hier nun jede Figur vorzustellen, die eine wichtige Rolle in der Handlung zu diesem Buch spielt, also werde ich das Ganze etwas gröber zusammenfassen.
In Elyrdan sind Männer und Frauen gleichgestellt. Beide können die höchsten Ränge im Militär erreichen und keiner unterdrückt den anderen wegen des Geschlechts. Das ist an sich heutzutage nichts unbedingt Neues mehr, allerdings im High Fantasy eher selten und daher war es in diesem Buch wirklich erfrischend, von Atlis, einer führenden und hoch angesehenen Soldatin zu lesen oder von Grautwis, einem Seher, der gut beschützt in einer Art Akademie lebt und lernt und in Träumen wandert.
Neben den beiden gibt es noch Bjorn, den ersten Reiter der Oberbefehlshaberin, Ranke (den Wappenkönig), Tyrja (sagen wir einfach: Ein bösartiges und durchtriebenes Monster) und viele weitere starke Charaktere, die zur weitgreifenden Handlung des Buches beitragen. Jeder kocht dabei irgendwie sein eigenes Süppchen, allerdings werden früher oder später alle vom kommenden Krieg tangiert und so sind sie immerhin durch diesen hauchdünnen Faden miteinander verbunden.

Schreibstil
Beim Lesen der ersten Seiten war ich wirklich überrumpelt von all den Bandwurmsätzen, für die der Autor eine Schwäche zu haben scheint. Zwar wirkt es so, als hätte er sich das Ganze ab dem folgenden Kapitel noch einmal überlegt und die Schreibweise etwas geändert, doch bleibt dieses Buch definitiv trotzdem anspruchsvoller High Fantasy mit einer Menge Details. Matthias Oden beschreibt jeden Stock und jeden Stein, jede Person und ihre Kleidung und jede Landschaft bis ins Detail. Man könnte sagen, es war Glück für das Buch, dass ich ausgerechnet zum Zeitpunkt des Lesens wahnsinnig Lust auf so etwas hatte. Ich besitze eine gewisse Affinität für schweren High Fantasy, daher habe ich den Schreibstil gemocht, doch weiß ich, dass das manch anderen Leser stören könnte. 
Tyrja, eine der wichtigeren Figuren im Buch, wird außerdem ab einem bestimmten Punkt nur „sie“ genannt und ich bin mir immer noch nicht sicher, ob das ein Stilmittel des Autors sein soll, um sie unglaublich wichtig und angsteinflößend erscheinen zu lassen á la „Der, dessen Name nicht genannt werden darf“, oder ob er einfach ab diesem Punkt vergessen hat, wie die Figur heißt. Mich jedenfalls hat dieser plötzliche Wechsel gestört, denn es hat das Lesen unnötig erschwert, zumal „sie“ auch nicht anders hervorgehoben wurde, sei es durch Kursivschrift oder dergleichen. Ich musste daher manche Sätze mehrmals lesen, bis ich begriff, dass es um Tyrja ging.



Inhalt
Die Story von „Die Krone der Elemente“ beginnt an verschiedenen Orten und mit verschiedenen Charakteren gleichzeitig, weshalb ich mich die erste Zeit nur fragen konnte, was eigentlich überhaupt los ist. Das Grundproblem ist schnell geklärt: Benachbarte Völker im Krieg und eine geheime Armee der Chimren, die das Land der Salen erobern will. Trotzdem ist die Handlung bis zum Schluss „all over the place“. Jede Figur hat ihren eigenen Handlungsstrang und ihre eigene Motivation, allerdings kommt es bis zum Schluss kaum zu Berührungspunkten zwischen ihnen. Nach einer Weile hatte ich mich damit abgefunden, allerdings hoffe ich trotzdem darauf, dass in Band zwei die verschiedenen Roten Fäden zueinanderfinden.
Es würde zu lange dauern, um die gesamten Nebenhandlungen dieses Buches zu beschreiben, also möchte ich euch hier nur einen groben Überblick über das Hauptproblem geben:
Tyrja gelangt an die Krone der Elemente und beschließt, dass es Zeit ist, eine neue Weltordnung durchzusetzen.- Mit einer Menge Mord und Intrigen. Gleichzeitig wird Snorri zu den Nehebet geschickt, um Frieden an der Grenze zur Wüste zu stiften, damit die Chimren nicht an zwei Fronten kämpfen müssen.
Die Chimren fallen also ins Land der Salen ein und erklären ihnen damit den Krieg. Zum gleichen Zeitpunkt wird Grautwis, ein junger Seher, von einer Gestalt besucht, die ihm offenbart, dass er in Zukunft noch eine schwerwiegende Rolle spielen wird. All das passiert in Carcosa, einer Stadt aus Traum, und wenn ich euch jetzt sage, dass allein diese Stadt eine eigene Reihe verdient hat, könnt ihr euch vielleicht vorstellen, wie schwer es ist, die Handlung von „Die Krone der Elemente“ simpel so in Worte zu fassen, dass jemand, der diese Rezension liest, wenigstens einen groben Überblick bekommen kann.
Der Autor hat sehr detailreich ein komplettes neues Universum geschaffen, das über Kulturen und Natur bis hin zu den einzelnen Figuren bis in die letzte Faser perfekt durchdacht ist. Daher ist es kein Wunder, dass ich die Hälfte des Buches gebraucht habe, um mich mit den wichtigsten Figuren, ihren Rängen und den Begriffen, die sie nutzen, vertraut zu machen. Bereits da hatte ich schon das Gefühl, dass diese Chroniken ein großes Projekt werden und ich denke nicht, dass ich da falsch liege.

"[...] Sieh dich um: Jeder von uns hier hätte Grund gehabt, Schluss zu machen. Aufgeben und gut. Auch du hast schon mehr als einmal mit dem Gedanken gespielt, nicht wahr? Haben wir alle. Aber wir haben es nicht getan, und das ist der Unterschied. [...] Wir Seher machen nicht Schluss, wir klammern uns ans Leben. Das ist unser Schutz: Wir wollen leben. Unbedingt. [...]"
Seite 106

"Noch einmal, Grautwis: Wille. Von allen Kräften, über die wir verfügen, ist er die einzige, der keine natürliche Grenze gesetzt ist. Nur du selbst bestimmst sie. [...]"
Seite 402

"[...] Das stärkste Gefühl, zu dem Menschen in der Lage sind, ist die Furcht. Sie tun in der Regel alles, um ihr zu entkommen oder sie gänzlich zu vermeiden. [...]"
Seite 573

Ein wilder, blutiger und facettenreicher Auftakt, der mich bereits auf viele Folgebände hoffen lässt. Trotzdem bestreite ich nicht, dass dieses Buch definitiv Geschmackssache ist.- Meinen hat es jedenfalls getroffen!

6/7

ISBN: 978-3-453-31956-1
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Freitag, 19. April 2019

{Rezension} Der Ruf der Tiefen

Das Geräusch hämmernder Fäuste dringt aus dem Boiler, als Janice nackt in die Wanne steigt. Da wird auch schon die Wohnungstür zertrümmert ... Die Suche nach ihrem verschwundenen Geliebten wird für Janice zum Albtraum. In einem alten Schmugglernest, das eigentlich gar nicht existieren dürfte, wird sie von gesichtslosen Feinden verfolgt. Da spaltet plötzlich ein greller Blitz den Himmel. Im peitschenden Orkan taucht die bedrohliche Silhouette eines Schiffes aus den Fluten auf und hält direkt auf sie zu. Von den Flanken des mächtigen Seglers lösen sich Schemen, die nichts Menschliches an sich haben. Und Janice muss erkennen, dass sie etwas geweckt hat, das für alle Zeiten hätte verborgen bleiben sollen ...

Figuren
Janice ist eine junge Frau der Oberschicht, gut betucht und das zeigt sich auch in ihren Ansprüchen und Verhaltensweisen, die sie manchmal wirklich putzig erscheinen lassen. Egal unter welchen Umständen, sie lässt nie außer Acht, wer sie ist. Da sie gut behütet vor allem Schlechten lebt, kann sie nicht wirklich damit umgehen, dass ihr Leben nun aus den Fugen gerät. Und genauso wenig akzeptiert sie ein Nein als eine Antwort, und das muss sie als Frau in dieser Welt leider oft hören. Zwar beschließt Janice kurzerhand, loszuziehen um ihren Verlobten zu suchen, doch ist sie trotzdem keine selbstständige Person. Hätte sie Steve oder die Hilfe anderer nicht, wäre sie in einigen Momenten verloren gewesen. Durch ihre schnippische, anspruchsvolle Art und ihren für mich zu flachen Charakter, ist sie nicht unbedingt eine sympathische Figur, aber passt (vielleicht gerade deshalb) gut in die Welt und das Abenteuer, welches Hohlbein für sie geschaffen hat.
Steve mochte ich etwas mehr. Er ist ganz offensichtlich hinter Janice her, kommt ihr aber mit großem Respekt entgegen und zögert auch nicht, ihr dabei zu helfen, Joffrey, ihr Verlobter und sein bester Freund, wiederzufinden. 

Schreibstil
Wolfgang Hohlbein war einer der ersten Autoren, deren Bücher ich lieben gelernt habe. Umso enttäuschter bin ich von diesem. Keine Frage, er schafft eine bildreiche Geschichte und eine wunderbar düstere Atmosphäre, allerdings entwickelt sich die Story unheimlich langsam, scheint sich manchmal im Kreis zu drehen und wirkliche Spannung habe ich beim Lesen auch nie verspürt; Ein bisschen Neugier, aber nicht den Hunger auf mehr.

Inhalt
Während sonst niemand mehr auf eine Rückkehr hofft, will Janice ihren Verlobten nicht aufgeben, welcher vor knapp einem Jahr verschwunden ist. Tatsächlich stößt sie auf eine Spur, eine Karte, von der sie glaubt, dass sie ihr den Weg zu ihm zeigt. Fast zeitgleich beginnt allerdings etwas damit, sie zu verfolgen. Ein Wesen, mehr wabernde Masse als lebendiger Mensch oder wirkliches Tier, folgt ihr im Wasser und Janice begreift nach und nach, dass sie nicht mehr in Sicherheit ist, denn auch ein grauer Mann hat die Verfolgung aufgenommen. Sie reist los und bleibt wegen eines Sturms in einem kleinen Dorf hängen. Nach dem Unwetter, das die folgende Nacht tobt, ist alles anders geworden. Die Welt scheint zwielichtiger und auch Janice bemerkt das. Selbst Steve, bester Freund ihres Verlobten und ein treuer Begleiter, scheint etwas zu verbergen. Die Krone setzt dem Ganzen ein Geisterschiff auf, dass nur Janice in der Nacht gesehen zu haben scheint. Sie beginnt, nicht nur an dem Überleben ihres Geliebten, sondern auch an ihrer eigenen geistigen Gesundheit zu zweifeln.
Das alles mag für jemanden, der dieses Buch nicht kennt, nach recht viel zu klingen, doch liefert die Story erst nach 200 Seiten wirklich Substanz. Janice und Steve landen nämlich nun in einer Hafenstadt, in der Janice angegriffen wird. Tatsächlich besteht der Großteil der Handlung von „Ruf der Tiefe“ daraus, dass Janice für verrückt gehalten wird, um Antworten und ihren Verstand kämpft, oder einfach von einer Frage zur anderen stolpert.
Janice setzt immer wieder neue Prioritäten, wenngleich es immer dabei ihr Ziel ist, Joffrey näher zu kommen.
Dem gesamten Buch wären weniger Geheimniskrämerei und mehr Details zugute gekommen. Selbst mit einem überraschen gefühlvollem Ende konnte Hohlbein das Leseerlebnis für mich rückblickend nicht besser machen.

Es war, als hätte eine unsichtbare Hand ihr Herz berührt und es zusammengedrückt, sodass es einen Schlag übersprang, um dann doppelt so schnell und mit schmerzhafter Kraft weiterzuhämmern.
Seite 42

"Das scheint wohl unser Schicksal zu sein", seufzte Steve und trank einen weiteren Schluck Wein.
"Was?"
"Das wir uns ständig gegenseitig verletzen, ohne es zu wollen."
Seite 173

"Ich kenne die Welt, Janice, und die Menschen. In einer solchen Welt braucht es keinen Teufel, um sie zur Hölle zu machen."
Seite 360


Ich bin zwiegespalten.- Es ist kein schlechtes Buch, aber auch kein gutes. Flach und nett für nebenbei, aber ohne größere Spannungskurven oder interessante Charaktere.
3/7
978-3-492-96743-3

Donnerstag, 4. April 2019

{Rezension} Die verlorene Puppe


Fantástico – Fabuloso – Apocalíptico! So lautet das Motto des fliegenden Zirkus Apocalástico. Rasante Artisten zu Pferde, eine bärtige Dame, ein echtes Mammut, ein Magier, der mit elektrischem Strom zaubert, der junge Roma-Akrobat Ferenc Badi und seine chinesische Partnerin Yue am Trapez können das Publikum in ganz Europa begeistern.

Die Eiszeit des 19. Jahrhunderts verhindert ein Vordringen auf andere Kontinente jenseits der Ozeane – bis maskierte Männer das Zirkusluftschiff kapern, um es in Gefilde zu steuern, die nie ein Europäer zuvor betreten hat. Bereits auf der Überfahrt stellt sich heraus, dass nichts so ist, wie es scheint: Agenten verschiedener Mächte haben im Zirkus ihre Finger im Spiel, und der Name eines schrecklichen Geheimnisses geistert durch die Gänge des Luftschiffs.

Doch am Ziel ihrer Entführer wartet eine faszinierende, fremde, blutrünstige Hochkultur auf die Artisten, und der Rückweg in die Heimat wird ihnen das Äußerste abverlangen …

Figuren
Als kampflustiger und wagemutiger Trapezartist ist Ferenc nicht nur ein aufregender Hauptcharakter sondern mit seinen ganzen Macken auch sehr realistisch gezeichnet. Zwar scheint hin und wieder der Weiberheld in ihm durchzukommen, doch ist seine tiefe Zuneigung zu Yue, seiner Partnerin am Trapez, ein starker Pol seiner Gefühle, die ihn immer wieder durcheinander bringen und verletzlich machen.

Schreibstil
Und erneut hat mich dieses Autoren-Duo begeistert in Atem gehalten. Der Schwermut Ferencs gesamter Geschichte ist von der ersten Seite an spürbar, packend, und der Spannungsaufbau beginnt auch in diesem Buch sehr früh. Das Wiedereintauchen in die Welt von Eis und Dampf war ein bisschen, als würde ich wieder an einen Ort kommen, den ich lange vermisst habe (nur wirkt er jetzt noch etwas fantastischer).

Inhalt
„Die verlorene Puppe“ spielt im gleichen Universum wie „Die zerbrochene Puppe“, nur eine Weile nach den Ereignissen des ersten Bandes. Trotzdem würde ich behaupten, dass man dieses Buch auch unabhängig vom ersten lesen kann, nur wüsste man die Welt um Ferenc und viele Nebencharaktere dann nicht zu schätzen, denke ich. Denn wie „Die zerbrochene Puppe“ werden die Kapitel auch hier wieder von Tomkes Fahrtenbucheinträgen getrennt, welche das Gesamtbild für mich perfekt gemacht haben, jemandem, der das erste Buch nicht kennt, jedoch erst einmal fehl am Platz vorkommen könnten.
Die Artisten des Apocalástico sind bunt zusammengewürfelt, doch was sie verbindet sind ihre vielen kleinen und großen Probleme und Mysterien, die sie mit sich herumtragen und bei manch einem sehr viel schwerwiegender und umfangreicher sind, als zuerst angenommen.

Während einer Vorstellung brennt das Zirkuszelt des Apocalástico nieder und seine Artisten, eingeschlossen Ferenc, werden entführt. Mit ihren Kidnappern überqueren sie den Atlantik von Spanien aus zum Reich der Mexica, doch bereits kurz nach dem Aufbruch kommt es zu Vorfällen auf dem Luftschiff; Ein Mann begeht Selbstmord und Zwietracht zwischen den Gefangengenommenen wird gesät, denn es stellt sich heraus, dass nicht nur der Tote Geheimnisse hatte. Bei den Mexica angekommen beginnt direkt das nächste grausige Abenteuer, in das sich die Mitglieder des Zirkus' stürzen müssen. Das Spiel zwischen Realität und Fiktion, das dabei vonstatten geht, ist wahrhaft hypnotisierend. Ich habe jeder Seite entgegengefiebert, gleichzeitig aber das Ende befürchtet, weil ich einfach nicht schon wieder diese Welt verlassen wollte. Das haben mir die Autoren noch schwerer gemacht mit dem schockierenden aber auch berührenden Finale des Buches.

Ein toter Zirkus – oder schlief er nur? Geisterhaft um Schatten, seltsam und beunruhigend und verquer, denn der Zirkus war nie das richtige Leben, und wenn man ihn ohne das Licht sah, ohne den Applaus und den Jubel, ohne den Rauch und die Spiegel, dann war er wie eine Vision aus der Unterwelt.
Seite 148

Ich konnte immer in die Zukunft sehen. Schicksale umgeben die Menschen wie bunte Seifenblasen. Schillernd ändern sie die Farbe und den Lauf der Dinge. Meine eigene ist zerplatzt. Farblos bin ich zurückgeblieben.
Seite 312

Eine grandiose Fortsetzung, die trotzdem auch ganz eigenständig standfest ist und mit der mich die Autoren erneut von sich und ihrem Können überzeugen konnten.
7/7

ISBN 978-3-86762-275-2

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