Montag, 9. Juli 2018

{Rezension} 13 - Das Tagebuch

Godric End, Symbolfigur des Bürgerkriegs in Dustrien, ist in Gefangenschaft geraten. Für eine Zigarette pro Tag erzählt er den Insassen von Zellenblock 13 seine Geschichte:

Ich war elf, als ich zum ersten Mal tötete. Meine Jugend verbrachte ich im Rumpf der Swimming Island fern vom Sonnenlicht. Erbarmungslose Piraten waren meine Familie. Hunger war mein einziger Freund. Worte wie Vertrauen oder Hoffnung bedeuten mir nichts. Das Leben eines Menschen ist für mich nicht mehr wert als das einer Ratte. Ich bin mehr Bestie denn Mann und ich giere nach einer Droge namens Perl.
Trotzdem nennt man mich einen Helden. Einen Freiheitskämpfer. Aber die Wahrheit über mich ist ein scheues und manchmal hässliches Tier.

Ihr glaubt die Magie sei ein Mythos. Aber es gibt noch Alchemisten an den verborgenen Orten dieser Welt. Und ihr ahnt nicht, welche Gefahr hinter den Spiegeln lauert. Ihr habt vermutlich nicht einmal bemerkt, dass die Sterne am Himmel einfach verschwinden.

Ihr sollt meine Geschichte hören. Von meiner Zeit als Auftragsmörder und von meiner ersten Liebe. Vom Tagebuch, mit dem alles begann. Von der Suche nach meiner Schwester und dem Untergang der Welt.

Düster, abenteuerlich und unglaublich fesselnd.

Figuren
Godric End sitzt im Gefängnis, in Block 13 und erzählt dort seinen Mithäftlingen seine tragisch finstere Geschichte. Unter allen anderen Menschen wirkt er wie ein Phantom, das jedoch durch seine Erinnerungen immer mehr an Gestalt gewinnt und sogar Emotionen zeigen kann, die ich ihm mit seiner pessimistischen und bitteren Art nie zugetraut hätte. Er ist wechselhaft, interessant, verletzlich und gefährlich.

Schreibstil
An Carl Wilckens Art zu schreiben muss man wirklich offen herangehen. Er passt zu dieser durch und durch merkwürdigen Geschichte und seinem weiteren Verlauf, doch wirkt er auf den ersten Seiten noch nicht ganz ausgereift. Die Sätze sind noch kurz und beginnen oft auf die gleiche Art und Weise und irgendwie holperten manche Absätze. Das ist etwas schade, aber nach kurzer Zeit konnte ich eine gewisse Entwicklung in seinem Schreibstil ausmachen. Er wird von Kapitel zu Kapitel immer gekonnter und letztendlich habe ich sogar eine regelrechte Schwäche für ihn entwickelt. Der Autor hat nämlich einen sehr ungewöhnlichen Schreibstil. Klar und direkt formt er trotz weniger Worte ideale Sätze, um jedes noch so blutige und schmutzige Detail hervorzuheben, was die Story für mich wirklich unheimlich schnell vorangetrieben hat.- Allerdings auf keine hektische Weise.


Inhalt
Die Welt, die Carl Wilckens geschaffen hat, ist verrußt und schmutzig und der Himmel scheint mit ersten Zeichen den Weltuntergang anzukündigen.
Bei einem Überfall auf seine Heimatstadt landet Godric auf der „Schwimming Island“, einem gigantischen Schiff, das über das Meer treibt. Der Unterrumpf dieses Schiffes, ein lichtloses und gefährliches Labyrinth wird dadurch sein Gefängnis, in dem er mit Perlsüchtigen (Perl ist eine übernatürliche und sehr gefährliche Droge) um die simpelsten lebenserhaltenden Dinge kämpfen muss. Durch diese Umstände wird Godric schnell von einem zivilisierten wissbegierigen Jungen zum gerissenen Mörder und Überlebenskünstler. Es war wirklich zu gleichen Teilen faszinierend und mitleiderregend, wie die unmenschlichen Umstände ihn geformt haben. Dass er nach solch einer Tortur trotzdem noch zu Emotionen und Gnade (bis zu einem gewissen Grad) fähig ist, finde ich bemerkenswert.
Nachdem er wieder an die Oberfläche des Schiffs gelangt, gerät er an einen Piraten und macht seine blutige Vergangenheit zu seiner Profession: Er wird Auftragsmörder und rutscht somit in einen erneuten Strudel aus Mord, Rausch und Halluzinationen.
Irgendwann gelangt Godric an das Tagebuch eines Fremden und wie es der Zufall so will, erfährt er somit sogar etwas über seine ältere Schwester Emily, von der er bei dem Überfall in seiner Kindheit getrennt wurde. Somit spielt die Story von „13-Das Tagebuch“ auf verschiedenen Ebenen: Die erste ist Godric End, der im Gefängnis sitzt, die zweite Ebene (und auch die, der die meiste Zeit gewidmet wird) ist seine Vergangenheit, von der er erzählt und die dritte Ebene sind die Einträge im Tagebuch. Das klingt vorerst vielleicht verwirrend, doch lassen sich alle Ebenen leicht auseinanderhalten und unterbrechen sich gegenseitig auch nicht zu oft, sondern ergänzen sich und die Sprünge zwischen ihnen sorgen dabei für ein ganz besonderes Leseerlebnis. Denn das Rätselraten, das durch die Umbrüche zwischen den Zeiten entsteht, trägt ungemein zur Spannung und Unvorhersehbarkeit bei.

Schon auf der Buchmesse habe ich am Verlagsstand von Acabus erfahren, dass man selbst noch darüber grübeln würde, welchen Büchern „13“ auch nur annähernd nahe kommt, und auch ich wüsste nichts Vergleichbares. Dieses Buch ist eine obskure Mischung aus Steampunk, Dark Fantasy, Horror und gleichzeitig irgendwie sein ganz eigenes Genre.

„Frieden lag über diesem Ort wie eine Decke. Der Frieden einer todgeweihten Welt. Einer Welt, die dafür gekämpft hatte, unterzugehen.“
Seite 7

„Ich muss zugeben, dass der Glaube an Magie und Fabelwesen mich manchmal fasziniert. Wir leben in einer Zeit der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Unser Planet ist vollständig kartographiert, uns ich fürchte den Tag, da es nichts mehr gibt, das wir nicht erklären können. Ist es da närrisch, von verborgenen Orten zu träumen? Magischen Orten wie schwimmenden Inseln oder verwunschenen Tälern?“
Seite 206

Wirklich ein höchst merkwürdiges, unvergleichbares und packendes Buch.
7/7
ISBN: 9783862824731

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Freitag, 6. Juli 2018

{Rezension} Liebe geht immer

Ist das Liebe, oder kann der weg? 
Für Charlotte jahrelang eine rhetorische Frage. Natürlich ist es Liebe, die große, herzschmelzende Für-immer-und-ewig-Liebe. Oliver sieht gut aus, kann zuhören und kochen, liebt Fußball genauso wie Theater und hat als Programmmacher eines lokalen Senders einen spannenden Job. Dass er auch Charlottes Chef ist, stört sie nicht. Noch nicht. Doch dann gibt Oliver von heute auf Morgen einer anderen den Moderatorenjob, von dem Charlotte so lange geträumt hat und ihr Paradies steht Kopf. Als er dann noch erklärt, er habe ihren Wunsch, Moderatorin zu werden, immer für einen Witz gehalten, schließlich sei sie einfach ein bisschen zu moppelig fürs Fernsehen, ist die rosarote Brille endgültig runter: Von wegen für immer – der Mann geht gar nicht. Frustschokolade und Rotwein mit der besten Freundin Matilda gehen dagegen immer. Und schnell ist ein Plan gefasst: Charlotte wird ab jetzt alles daransetzen, um Moderatorin zu werden, Selbstoptimierung inklusive. Ob das gutgeht?

Figuren
Charlotte krempelt ihr ganzes Leben und auch sich selbst um, nachdem es mit allem plötzlich steil bergab geht. Sie ist eine Figur, die zwischen emanzipierter Entschlossenheit und dem öden Dasein im Mitgerissenwerden schwankt und auch andere kleine Makel, neben diesem, machen sie erst zu einer süßen und trotzdem ernstzunehmenden sympathischen Frau, mit der ich mich stellenweise sogar identifizieren konnte.
Ihre beste Freundin Matilda ist sozusagen das ideale Gegenstück zu Charlotte. Die optimistische Esoterik-Fanatikerin ist immer wieder darum bemüht, Charlotte auf die Beine zu helfen und das Glück um sich irgendwie zu maximieren. Umso spannender wird es, als dieser Art einen kleinen Knick bekommt.

Schreibstil
Myriam Klatts Schreibstil ist wahrer Würfelzucker für die Seele. Sämtliche Figuren und Szenen bekommen mit nur wenigen Worten eine schillernde Optik, wodurch ich mich mit beim Lesen die gesamte Zeit gefessselt in einer Rosa Blase befunden habe. Und dieser gewisse Hauch von Kitsch, der ihren Worten immer beischwingt sorgt für einen ganz sanften Charme.


Inhalt
Charlotte versucht nach mehreren Niederschlägen in Liebe und Karriere ihr Leben wieder zu flicken. Irgendwie schafft sie es mit Ach und Krach sich durch die neue Konstruktion ihres Alltags zu boxen und gerät dadurch nach und nach an ein Leben, nach dem sie eigentlich nie wirklich gefragt hat. Dass sie dabei immer wieder mit Anlauf in Fettnäpfchen springt, verleiht ihr eine gewisse Verpeiltheit, die aber zu ihrem Charisma beiträgt.
Ich bin selbst vielleicht nicht unbedingt eine Expertin in Sachen Liebe, aber davon zu lesen, wie sehr sich Lars von Anfang an abmüht, um Charlottes Aufmerksamkeit zu bekommen und wie blind sie trotzdem den eigenen Gefühlen gegenüber ist, weil sie aus kleineren nichtigen Problemen große Dramen macht, hat mich teilweise völlig fertig gemacht. Andererseits konnte ich ihr ihre Art nie übelnehmen, da ich  bis dahin schon über einige Seiten ein Stück ihres Weges mit ihr gegangen bin und daher verstand, woher ihre Angst vor dem Scheitern kommt. Dass da die Liebe nicht gerade an erster Stelle steht, ist da nur nachvollziehbar. Dass sie ihr aber dann trotzdem unverschämt die Tür einrennt, daran kann Charlotte letztendlich auch nichts mehr ändern. Dabei steht im Buch die sich entwickelnde Liebe zwischen ihr und Lars gar nicht so sehr im Vordergrund, sondern auch viele ihrer anderen Formen: Selbstliebe, die Leidenschaft für das, was man tut, Freundschaft und einfach mal Herz zu zeigen. Gerade das erkennt Charlotte allerdings erst lange nachdem es für mich als Leserin offensichtlich war, während sie sich noch in etwas verrannte, das nicht sie war.

Ich halte zwar selbst nicht gerade viel von Selbsthilfebüchern, muss aber gestehen, dass ich Dr. Hagenbecks Tipps am Anfang jedes Kapitels echt gut und einleuchtend finde. Wobei ich dazu auch sagen muss, dass es mir immer wieder so erschien, dass Charlottes Freunde und Bekannte mehr Ahnung haben als manch angepriesener Life-Coach.

„Und da soll ich das Essen testen?“
„Ja, genau!“
„Also ich soll da dann Burger essen?“
„Zwei. Und Pommes, die Pommes nicht vergessen. Ich finde, das macht den Unterschied von Klasse und Masse: die Pommes. Ein geiler Laden hat Pommes, mit denen man schlafen würde!“
„Mit Pommes?“
„Ja, Pommes. [...]“
Seite 49

„Zögernd beugt er sich zu mir. Er riecht nach fremden Gewürzen und nach Erde, als hätte er das Paradies um uns herum eben erst gepflanzt, extra für mich. Mir ist, als würde ich gleich das Bewusstsein verlieren, so unwirklich schwebend und leicht ist der Moment.“
Seite 260

„Glauben sie mir, Frau Mai“, fährt meine Nachbarin indes fort, „Sie müssen sich erlauben, nicht das zu wollen, von dem Sie denken, dass Sie es haben müssten, sondern das, was Ihr Herz verlangt.“
Seite 287

Fazit: Ein Zuckerbuch, das mich mit seiner einnehmenden Hauptfigur und einem herzschmelzendem Ende aus einem Tief holen konnte und das sicher auch bei vielen anderen schafft.
7/7

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Dienstag, 3. Juli 2018

{Rezension} Mörderische Teatime

Anne Cleary, Moderatorin der berühmten Vorabendshow „Teatime with Annie“, wird bei der Vorbereitung der Dreharbeiten im B&B „Tae agus Ceapaire“ ermordet. Am Abend zuvor hatte sie sich mit ihrer Jugendfreundin Mae Pennywether gestritten, worauf diese ihr wutentbrannt einen qualvollen Tod gewünscht hatte. Mae gerät daher unter Tatverdacht und beginnt zu ermitteln, um den wahren Täter zu finden.

Als kurz darauf jemand versucht, Annes Co-Moderator zu vergiften, verdichten sich die Hinweise, dass die Tearoom-Besitzerin Clarissa Nelson nicht nur Gelegenheit, sondern auch Motive für beide Verbrechen hatte. Schließlich kannte auch sie Anne aus Jugendtagen und war von ihr für eine Karriere beim Fernsehen aufs Übelste im Stich gelassen worden. 

Doch wie soll Mae Clarissas und ihre eigene Unschuld beweisen?


Figuren
Oh, wie habe ich mich gefreut, als ich herausfand, dass meine geliebte Mae Pennywether aus „Der Tote im Whiskey-Fass“ die Hauptfigur in diesem Buch sein würde! Ich liebe einfach ihre liebenswert ruppige Art und Weise, die sie zu einer humorvollen, rebellischen Granny macht. Ihrem Enkel gefällt es allerdings gar nicht, dass sich seine Oma in die Ermittlungen zu dem Mord an ihrer Feindin einmischen will, also lässt er sie von seinem ehemaligen Kollegen Andrew O'Malley etwas bewachen. Er soll aufpassen, dass sich die vorlaute Mae nicht in Schwierigkeiten bringt.

Schreibstil
Es ist einfach herrlich, wie Maes Gedankengänge beschrieben werden. Allein schon durch sie bekommt dieser Krimi die richtige Prise Witz, wobei ich dazu sagen muss, dass dadurch das eigentliche Krimi-Feeling in Mitleidenschaft gezogen wird.- Obwohl sich die Handlung um einen Mord dreht. Somit lässt auch die Spannung manchmal nach. Erst, als der Giftmischer ein weiteres Opfer fordert, bekommt die Geschichte einen neuen, anderen Ton.
Trotzdem habe ich dieses Buch förmlich verschlungen, da die einzelnen Figuren und auch Ivy Pauls Erzählstil einen tollen Charme besitzen.


Inhalt
Mit der neuen Leiche habe ich als Leserin auch ein neues Getränk auf den Tisch gestellt bekommen: Tee statt des Whiskeys aus Band 1. Da dies erst der zweite Band ist, weiß ich nicht, ob sich das „Getränke-Thema“ auch durch folgende Krimis ziehen wird, allerdings fänd ich diese Idee persönlich genial. Es gibt dem ganzen einfach nochmal eine weitere kleine Befestigung des Roten Fadens. Abgesehen davon halte ich beide Bücher allerdings für unabhängig voneinander. Es ist vielleicht eine tolle kleine Nebensache, wenn man bereits den Ort und ein paar Figuren kennt, allerdings könnte man auch direkt bei „Mörderische Teatime“ einsteigen und würde nicht zu wenig Wissen besitzen.
Anne, das Mordopfer durfte ich noch ein kurzes Weilchen kennenlernen, bevor sie abgemurkst wurde und ich muss gestehen, dass mir diese Giftschleuder wirklich nicht gefehlt hat. Gleichzeitig wird dadurch allerdings sofort jeder verdächtig, da sie sich auch zu jedem wie ein Biest verhält und nach und nach immer mehr Leute ihre möglichen Motive offenbaren. Auch Mae selbst erwartet bereits, dass die Polizei sie ins Visier nimmt, denn sie war die letzte, die sich in aller Öffentlichkeit mit Anne gestritten hat. Damit sie dieses Unrecht direkt von sich abwenden kann, will sie selbst Initiative ergreifen und den wahren Täter dingfest machen. Wie bereits erwähnt soll Andrew dabei versteckt ihre „Nanny“ spielen, während er den ernsthaften Ermittlungen nachgeht. Mae ist allerdings nicht blöd und deshalb bekommt sie es sogar hin, diesen Trick für ihre Zwecke zu nutzen.
Ab dem Angriff auf eine weitere Person wird, wie bereits erwähnt, die gesamte Story etwas ernster und selbst Mae zeigt neue Züge. (Auch, wenn sie sich trotzdem die ganze Zeit 100% treu bleibt.) Und ein kleiner Hinweis am Ende lässt sogar schon auf den nächsten Band hoffen.

„Manche Dinge können wir nicht ändern. Wir können nur versuchen, unser Leben auf die bestmögliche Weise zu verbringen. Was die anderen tun, liegt nicht in unserer Macht“, sagte Mae.
Seite 232

Auch, wenn die Handlung stellenweise eher vor sich dahindümpelt, statt mitzureißen, haben eine toughe und witzige Hauptfigur und gut durchdachte Nebencharaktere dieses Buch wieder zu einer kleinen Besonderheit gemacht. 
5/7

ISBN: 978-3940258830

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