Dienstag, 23. Juli 2019

{Gedankenkotze} Es ist okay, eine Leseflaute zu haben


Das Thema „Leseflaute“ scheint eigentlich kein so ernstes Thema zu sein, dass man darüber einen extra Post schreiben muss, allerdings lese ich in Büchergruppen immer wieder, wie jemand darüber klagt, dass er einfach keinen Nerv zum Lesen hat und seit Wochen nicht an Bücher ran kommt. Dann wird nach Tipps gefragt und ich bekomme dann immer das Gefühl, dass viele Buchbegeisterte wirklich glauben, dass sie lesen müssen und es ein richtiges Problem darstellt, wenn es einfach mal nicht klappt, ein Buch innerhalb von kurzer Zeit zu verschlingen, denn sonst funktioniert das ja auch.
Ich finde, das ist absoluter Quark. 
Nur weil man zum Beispiel Pizza liebt, isst man ja auch nicht jeden Tag Pizza, oder?
hilary pendleton jd beatty gif
Jeder der regelmäßig liest kennt diese Zeiten, in denen man es einfach nicht fertig bringt, das Lesen selbst zu genießen. Man will eigentlich unbedingt in einem Buch bzw. einer Geschichte versinken oder einfach abschalten und es klappt nicht. Egal, welches Buch man sich greift und wie gut es auch sein mag, über ein paar Seiten kommt man nicht hinaus.- Nun ja, zumindest sehen Leseflauten bei mir so aus und ich denke, mir geht es da wie vielen anderen auch. Im Gegensatz zu „vielen anderen“ versuche ich aber nicht, irgendetwas gegen diese Flauten zu tun, denn ich sehe sie nicht als ein Problem an. Leseflauten kommen und gehen auch wieder und ich habe die Erfahrung gemacht, dass es eher kontraproduktiv ist, wenn ich mich dann auch noch zum Lesen oder Überwinden dieser Flaute zwingen will. Warum auch? Niemand (außer hin und wieder die Uni) zwingt mich dazu, etwas zu lesen außer mir selbst. Und auch, wenn Rezensionsexemplare bereits auf mich warten, zwinge ich mich nicht zum Lesen, denn ich weiß genau, dass das die Rezension nur verfälschen würde. Denn wenn mir im Moment Lesen sowieso keinen Spaß macht, dann wird sich das natürlich auch auf mein Leseerlebnis auswirken. Und glücklicherweise hatte ich noch nie einen Autor/eine Autorin oder einen Verlag im Nacken sitzen, der gedrängelt hat. Vielleicht habe ich da auch Glück, aber bisher habe ich nur Leute kennengelernt, die meinten, sie warten lieber etwas länger auf eine Rezension, als ein absolutes Zeitlimit zu setzen und am Ende jemandem den Spaß am Lesen zu nehmen, weil man etwas geliefert haben will.
(An dieser Stelle will ich aber noch einmal anmerken, dass ich hier sicher niemanden dazu anspornen will, sich einen Stapel Leseexemplare zu beschaffen, um sie dann einfach irgendwann in ferner Zukunft zu lesen. Ich meine damit nur, das man sich keinen Druck machen sollte, wenn es sowieso nicht klappt, sich auf die Texte zu konzentrieren.)
Lesen ist ein Hobby, eine Ablenkung, eine Leidenschaft oder auch eine Flucht aus dem Alltag, deshalb finde ich, dass man gerade so etwas Schönes frei von Zwang halten sollte. Man schlingt ja auch für gewöhnlich nicht eine Tafel Schokolade herunter, um es endlich hinter sich zu haben, oder weil die gegessen werden muss.
Wie es an meinem Blog-Archiv zu erkennen ist, hatte ich in den letzten 2 Monaten auch so eine Leseflaute. Die Rezensionen sind ausgeblieben und es war für eine Weile still hier. Das finde ich selbst natürlich auch schade, denn ich will sicher nicht, dass mein Blog halbtot wirkt, aber wenn ich nunmal kein Buch länger als 10 Minuten in der Hand halten kann, weil einfach die Konzentration nicht da ist, dann ist das eben so. Ich habe mich einfach auf andere Dinge konzentriert, war mehr draußen in der Natur, habe neue Musik und Serien entdeckt und auch zwei Zeitschriften abonniert, von denen mir eine sogar wieder die Lust am Lesen zurückgegeben hat.- Ohne, dass es meine Absicht war.
Nun habe ich in kürzester Zeit vier Bücher beendet und bekomme immer noch nicht genug.
Was ich damit sagen will: Akzeptiert es einfach, wenn euer Hirn gerade nicht empfänglich für das geschriebene Wort ist. Macht andere schöne Dinge und vor allem: Nehmt den Druck von euch.


Und statt nun Tipps gegen Leseflauten aufzulisten, dachte ich, ich schreibe euch einfach mal ein paar positive Punkte auf, die Leseflauten in meinem Fall mit sich bringen.

  1. Nach der Leseflaute greife ich oft zu Büchern, die ich sonst nie in die Hand genommen hätte. Ich bekomme einfach spontane Lust auf Literatur außerhalb meines typischen Geschmacks und entdecke so Neues.
  2. Die Zeit, die ich sonst lesend verbringe, fülle ich einfach anders. Ich mache mehr kreatives Zeug, schreibe selbst, zeichne oder entdecke neue Inspirationen.
  3. Ich beschäftige mich anders mit Büchern. Das klingt erst mal komisch, aber ich lese in solchen Zeiten viel intensiver andere Rezensionen, Klappentexte oder Artikel und Posts über das Lesen. Man kann also sagen, ich erweitere meinen „buchigen“ Horinzont in Leseflauten.
  4. Ich putze. Wie verrückt. Nein, ich wohne sonst nicht in einem Saustall. Ich habe einfach etwas mehr Zeit und nutze die dann, um meine Bücher komplett abzustauben oder neu zu sortieren, aufzuräumen oder auch Dinge auszusortieren, von denen ich mich später über ebay oder Kleiderkorb trenne.
  5. Meine Vorfreude auf kommende Bücher und die Lesestunden mit ihnen wächst.
  6. Wenn ich dann wieder einfach drauflos lesen kann, sind die ersten Bücher nach der Leseflaute viel eingehender und intensiver.

Wie nehmt ihr Leseflauten wahr? Gibt es unter euch auch welche, für die sie einfach zum "Leseleben" dazugehören? Oder gibt es auch jemanden unter euch, der sie ganz schrecklich findet?

Wie immer bin ich gespannt auf eure Meinung zu dem Thema, also ab mit euch in die Kommentare! ;)

Samstag, 20. Juli 2019

{Rezension} Nebula Covicto - Grayson Steel und die Magische Hanse von Hamburg


Quaestor Grayson Steel hat Gefallen an der Arbeit als Ermittler in der magischen Gemeinschaft, der Nebula Convicto, gefunden. Seine Quadriga und er suchen weiterhin nach den Hintermännern rund um Sophias Entführung, welche beinahe zu einem Zusammenbruch der magischen Weltordnung geführt hätte.

Während sie im Schwarzwald nach einem entlaufenen Basilisken suchen, werden Grayson und sein Team plötzlich unfreiwillig in eine abenteuerliche Schnitzeljagd hineingerissen. Bis zum nächsten Neumond sollen sie ein gestohlenes Artefakt zurückholen. Die Spur des Diebesguts führt quer durch Deutschland bis nach Hamburg. Dort steht Grayson Steel schließlich den Dienern eines totgeglaubten, uralten Wesens gegenüber, das die Welt schon einmal verfinstert hat. An Meermenschen und Klabautermännern vorbei, muss er die Erweckung eines Altvorderen verhindern, sonst wird Hamburg in einem Sturm aus Gewalt und Feuer untergehen. Und mit der Stadt die Magische Hanse, die Lebensader der Nebula Convicto…

Figuren
Grayson scheint im zweiten Band von „Nebula Convitco“ von allem einen Dosis mehr bekommen zu haben. Er ist zynischer, sarkastischer aber auch charmanter und damit immer noch eine genauso geniale Hauptfigur geblieben wie in Band 1. Er hat innerhalb eines Jahres viel gelernt und findet sich nun besser in seinem neuen Leben zurecht, allerdings ist auch immer noch offensichtlich, dass er noch eine Menge Arbeit vor sich hat.
Seine gesamte Quadriga (also sein Team) ist dynamisch dank der verschiedenen Charaktere der Personen, nur hätte ich mir einen deutlicheren Chemiewechsel gewünscht, da neue Figuren dazugekommen sind.

Schreibstil
Torsten Weitze schreibt hier erneut genauso talentiert wie im Vorgängerband. Trotz Schießereien und genug Konflikten wirkt das gesamte Buch ruhiger, manchmal auch etwas „dahingeplätschert“, da einfach der Kern des Ganzen diesmal nicht so detailliert ausgebaut wurde, wie in „Grayson Steel und der Verhangene Rat von London“. Dem entgegen setzt der Autor aber eine perfekt durchdachte Welt in der ich mich sofort wieder heimisch gefühlt habe und daher diesen kleinen Minuspunkt nicht so stark wahrgenommen habe.

Inhalt
Auf der Jagd nach einem Basilisken wird die Quadriga getäuscht und schnell kommt heraus, dass jemand hinter ihnen her ist und sie manipulieren, vielleicht sogar tot sehen will. Ein Jahr nach den Geschehnissen aus Band 1 müssen Grayson und seine Leute also plötzlich untertauchen. Auf der Reise zu einem Versteck werden sie jedoch bereits entführt.- Von einem Drachen. Die Quadriga soll ein Artefakt finden, das den Drachen gestohlen wurde und mit dem die gesamte Menschheit ins Unglück gestürzt werden könnte. Eine Jagd durch halb Deutschland nimmt ihren Lauf, welche in Hamburg ihr Ende findet.
Dank der vielen neuen Wesen (Zwerge, Drachen, Homunkuli, ein Chupacabra u.a.), die der Autor in seine Geschichte einbindet, büßt auch dieser Band nichts an Mystik ein. Außerdem sind sie ein tolles Adding für jeden Leser, der sich auch so für Kryptozooologie interessiert wie ich. Durch sie hatt Torsten Weitze die Realität für mich plötzlich magisch gemacht, selbst die Toiletten an Autobahnraststätten.
„Grayson Steel und die magische Hanse von Hamburg“ ist durchweg wirklich ein gutes Buch, das ich genossen habe, auch, wenn es mir nicht ganz so viel geben konnte wie sein Vorgänger. Grayson scheint einfach einfach ab einem bestimmten Punkt nicht mehr genau zu wissen, wie es weitergehen soll und das lässt seine Aktionen kopflos und willkürlich wirken. Er scheint einen Plan zu haben, gleichzeitig aber auch nach einem zu suchen. Selbstverständlich ist es auch möglich, dass der Autor das als Stilmittel für die Story genutzt hat, bei mir kam das allerdings nicht ganz so an. Die Verzweiflung Graysons ist spürbar, jedoch auf die falsche Art und Weise. Das Ende des Buches holt diesen kurzen Durchhänger dann zwar mit viel Biss auf, war für mich jedoch zu kurzweilig. Man hätte hier Gigantisches Getöse vollbringen können, draus geworden ist aber eher eine kräftigere Brise.

Grayson nickte ihnen noch einmal zu, dann suchten sich sowohl Richard als auch Morgan passende Verstecke. Grayson hingegen lehnte sich einfach gegen die frisch erschaffene Bärenstatue mitten im verregneten Wald und wartete darauf, dass ihn eine fiese, magische Echse angriff. An Tagen wie diesen fragte er sich ernsthaft, warum genau er seinen Job überhaupt mochte.
Seite 18

Er bestellte sich gedankenverloren ein leichtes Abendessen bei Heinrich und betrachtete sie nur verwaschen erkennbare Großstadt, die im Nebel vor ihm lag. Wie ein böses Omen schien sie nach und nach im Wolkendunst zu verblassen, als wäre sie nur ein schöner Traum, der bald aufhören würde zu existieren, um etwas Altem und Mächtigem Platz zu machen, das diesen Ort vor unendlich langer Zeit schon einmal in Besitz genommen hatte.
Seite 229

Wieder sind tolle Lesestunden garantiert, allerdings steht dieses Buch dem ersten Band in ein paar Punkten nach. Ich hoffe drauf, dass sein Nachfolger wieder aufholt und ihn überholt.
5/7

Meine Rezension zu Band 1 findet ihr hier.

ISBN: 9783862826445
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.

Montag, 15. Juli 2019

{Rezension} Ein dreckiger Job - Seelenakte Frankfurt am Main



Mein Name ist Eshr’el. Ich bin ein Dämon.

Seit 216 Jahren sammle ich schwarze Seelen für die Armee meines Herrn: Ich kläre grausame Verbrechen auf und töte die Täter. Sex und Zuckerwasser halten mich bei Kräften. So weit, so gut, so einfach. Nie hätte ich damit gerechnet, dass eine schwarze Seele eines Tages den Spieß umdreht: Sie jagt mich – und den einzigen Menschen, der mir etwas bedeutet.
Warum muss ich mich verlieben? Warum an Menschlichkeit erkranken – ausgerechnet jetzt?

Dies ist meine Geschichte.

Figuren
Eshr'el, der skrupellos eine schwarze Seele nach der anderen nieder mäht, behauptet ein Dämon zu sein, was allerdings nur bedingt zu stimmen scheint, denn er wird nicht nur vom Schlechten angetrieben und es landen auch immer wieder Anspielungen darauf, dass er etwas oder jemand anderen sein könnte, auf dem Tisch. Tatsächlich handelt er sogar unverhofft oft gut. 

Schreibstil
Der Klappentext ließ bereits erahnen, dass in diesem Buch einige Sexszenen auf mich warten würden, allerdings bieten diese statt Erotik eher gelegentliche What-The-Fuck-Momente. Der Autor besitzt einen guten Schreibstil, welcher mich nicht zuletzt das Buch an einem Tag durchlesen lassen hat, allerdings sollte er vielleicht noch einmal seine teilweise höchst merkwürdigen Beschreibungen überdenken. Vielleicht war eine Szene, in der eine Frau mit dem besten Stück des Mannes im Mund („wie ein Kind, das an einem Daumen lutscht“) einschläft, auch einfach humoristisch gemeint und dieser Witz kam nicht ganz bei mir an, allerdings hat diese Umschreibung bei mir eher bewirkt, dass mich wochenlang dieses Bild verfolgt hat, und mich zum gelegentlichen reflexartigen Kopfschütteln mit verzogenem Gesicht gezwungen hat. 
Diese Stellen machen zum Glück aber den geringsten Teil des Buches aus und, das muss ich hier wohl gestehen, sie haben es mich vor allem nicht vergessen lassen. Es ist ja nun schon ein Weilchen her, dass ich „Ein dreckiger Job“ beendet habe, aber selbst durch Prüfungsstress, Festivaleskalationen und einen neuen Hund, der extrem viel Aufmerksamkeit fordert, konnte ich diese eine Szene nicht vergessen und damit die gesamte Story nicht.

Inhalt
Das gesamte Buch ist so aufgebaut, dass Eshr'el dabei ist seine Geschichte niederzuschreiben und dabei hin und wieder von Maria, einem Engel der sich halbnackt auf seinem Bett herumkugelt, unterbrochen wird, wodurch Nachfragen und zusätzliche Informationen aufkommen. 
Kurz gefasst kann man Eshr'els Job so beschreiben, dass er schwarze Seelen für seinen Herrn sammelt und sich bei der Suche nach ihnen als Tatortfotograf tarnt. Die gesammelten Seelen liefert er ab und mit jeder von ihnen bemerkt er eine neue Veränderung an sich selbst. Unverständliche Träume oder Visionen plagen ihn, er verliert hin und wieder die Kontrolle über seinen eigenen Körper und auch der Sex ist für ihn nicht mehr so belebend wie früher.
Durch diesen Job landet er auch direkt am Anfang der Geschichte in einer Lagerhalle, in der eine gehäutete Familie aufgehangen wurde. Ohne Zweifel gibt es also wieder eine schwarze Seele für Eshr'el zu holen. So beginnt Eshr'el also, sich durch Seiten zu kämpfen, die mit Kindsmord, Suizid,
und Häutungen gefüllt sind. Die spätere Erklärung der Zusammenhänge zwischen diesen Gräueltaten treibt die Spannung dabei zwar weit hoch, allerdings recht spät. Zusätzlich führen alle Spuren genau dahin, wo ich das Böse in diesem Buch sowieso schon länger vermutet hatte.
Leider hat mir für lange Zeit der Rote Faden in der Story gefehlt. Das Konzept des Buches war mir schon klar und ich habe verstanden, warum was passiert, und dass die Tatsache, dass Eshr'el seine Geschichte selbst schreibt, den Erzählverlauf etwas ändert. Nur musste ich doch ziemlich lange nach dem Kern des Buches suchen.

„[...] Das Täterblut... Na ja, die müssen im Labor echt Murks gemacht haben. Die schwören Stein und Bein, dass es Tierblut ist. Panda.“
„Panda?“ Ich pruste los.
Seite 184

Blasphemisch, dezent gory und eine gesunde Portion Galgehumor. Abgerundet wird das Werk mit einem hoch interessantem Hauptcharakter. Trotz kleiner Schwächen also definitiv ein lesenswertes Buch (wenn man das entsprechend dicke Fell dafür hat).

6/7
ISBN 978-3-86762-358-2
Diesen Post kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.