An ihrem achten Geburtstag endet die Kindheit der kleinen Myra auf tragische Weise: Ihr Zuhause wird von vermummten Männern überfallen, ihr über alles geliebter Adoptivvater Fadi, wird getötet, Myra selbst gelingt in letzter Sekunde die Flucht in die eisigen Wälder Biaswads im Süden des Tränenreiches. Zehn Jahre später ist aus dem kleinen Mädchen eine starke Kriegerin geworden, die mit ihren beiden brennenden Klingen an der Seite des mächtigen Acrab für Frieden und Freiheit kämpft. Doch dann wird Myra von ihrer Vergangenheit eingeholt. Warum musste Fadi wirklich sterben? Und was weiß Acrab über den Tod ihres Vaters? Auf der Suche nach der Wahrheit stößt Myra auf Geheimnisse, die das ganze Reich in seinen Grundfesten erschüttern könnten ...
Figuren
Wenn ich an Licia Troisi denke, denke ich an eine Autorin, die wirklich starke und selbstständige Charaktere in ihre Geschichten setzt, gern die Klischeebilder vertauscht und jeder ihrer Figuren etwas Besonderes gibt. Leider ist das in Die Eiskriegerin abhanden kommen.
Auf den ersten Seiten habe ich in Myra, die Hauptprotagonistin, noch viele Züge von Licia Troisis Art, Charaktere zu formen, wiedererkannt. Sie wirkt entschlossen, nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand und ist mehr als wehrhaft. Doch je mehr ich von Myra gelesen habe, desto weniger mochte ich sie. Ihre Art ist nicht nur schroff, sondern sehr unsympathisch. Sie will mich nichts und niemandem etwas zu tun haben und trotzdem lässt sie es zu, dass man sich um sie sammelt und sie dann einfach nur unglaublich mies zu diesen Leuten ist. Vielleicht war das Ziel, eine unnahbare und ungewöhnliche Heldin zu schaffen, doch meiner Meinung nach führt sie sich die meiste Zeit einfach wie eine richtig unleidliche Figur auf, von der ich auch irgendwann gar nicht mehr lesen wollte. Auch ihre Wesenszüge schwanken auf eine sehr unharmonische Art. Mal ist sie sehr still, dann streut sie immer wieder selbst Salz in ihre psychischen Wunden und wird völlig kampfeswütig und währenddessen ist sie die Perfektion schlechthin.- Unglaublich talentiert, etwas ganz Besonderes, metzelt all ihre Gegner (so ziemlich) problemlos nieder und niemand kann sich ihr wirklich in den Weg stellen.
An ihrer Seite reist unter anderem Kyllen mit ihr. Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass er die Hauptfigur ist und eigentlich galt auch die meiste Zeit meine Aufmerksamkeit ihm. Er ist emotional einfach viel interessanter und stabiler gebaut und die Art, wie er als Charakter funktioniert ist bei ihm auch viel besser nachzuvollziehen als bei Myra. Kyllen ist ein „Reiner“, der an dem System zweifelt, dem er dient. Gleichzeitig ist er auf der Suche nach dem „Befreier“. Sehr viel mehr kann ich euch da leider auch nicht zu seinen Aufgaben sagen, denn das ganze Gefüge habe ich bis zum Ende nicht richtig verstanden.
Schreibstil
Der Schreibstil, der mich in diesem Buch erwartet hat, entspricht nur zu einem geringen Teil dem, was ich von Licia Troisi gewohnt bin. Zwar treibt sie die Story zu Beginn noch schnell voran, ohne an Details zu sparen, und schafft viele deutliche und intensive Bilder, doch ist der Satzbau oft sehr merkwürdig gewählt und auch viele Worte wirken immer wieder fehl am Platz.- Wobei ich auch dazu sagen muss, dass ich glaube, dass das eher am Übersetzer liegen könnte. Denn, wie gesagt, eigentlich bin ich von Licia Troisi Besseres gewohnt.
Inhalt
Myra habe ich samt dem Zeitpunkt kennengelernt, der ihr Leben veränderte und sie formte: Bei einem Überfall auf ihr Zuhause werden ihr Vater und eine Freundin der Familie getötet und sie selbst entkommt den Tätern nur sehr knapp. Damit verliert sie in einer Nacht alles, was sie jemals hatte. Als sie lange Zeit später auf einen ihrer Landsmänner trifft, wird die Ermordung ihrer Familie allerdings in ein neues Licht gerückt und damit holt sie die Vergangenheit urplötzlich wieder ein. Welche genauen Gedanken sie dabei hegt, oder ob sie nur auf stumpfe Rache aus ist, als sie beschließt, sie Männer zu finden, die ihr Leben zerstört haben, habe ich leider erst recht spät erfahren, als mein Interesse an Myras Schicksal schon so gut wie weg war. Auf der Suche nach Antworten und Rache geschehen einige Dinge, doch sind manche davon unschlüssig und ergeben für mich keinen Sinn im Zusammenhang mit der Handlung, die eigentlich sehr geradlinig voranschreitet. Zwar werden die Kapitel im Wechsel aus verschiedenen Sichten erzählt, doch befinden sie sich alle eigentlich auf Roten Fäden, die sehr parallel zueinander verlaufen.
Während der Handlung passieren immer wieder Zeitsprünge, die man immerhin dadurch erkennt, dass sie in einer Art „Tagebuchstil“ betitelt sind, der Zeitpunkt also immer genannt wird. Es gibt auch extra Tagesangaben, doch hat es sich die Autorin damit vielleicht etwas zu einfach gemacht, denn für mich ist dabei einiges an Tiefe verloren gegangen. Ein Satz, der aufgebaut ist wie „Innerhalb von X Tagen passierte Das-und-das“ fasst zwar schnell einen Zeitraum zusammen, der vielleicht sonst zu viel gewesen wäre, wenn man ihn über ein Kapitel erklärt hätte, doch kommen solche Stellen in Die Eiskriegerin nicht selten vor und somit fiel ich beim Lesen immer wieder aus dem Fluss heraus, sodass gar kein richtiger „Lesesog“ entstehen konnte. Genauere Erläuterungen der vergangenen Tage oder Wochen hätte ich eher begrüßt, selbst, wenn die nur ein bis zwei Absätze eingenommen hätten. Denn so wäre die Geschichte wenigstens zusammenhängender gewesen und hätte nicht stückchenweise wie eine stumpfe Nacherzählung gewirkt.
Beim Lesen der Kapitel, die aus Kyllens Sicht geschrieben sind, ist mir auch relativ schnell aufgefallen, was mir an denen von Myra gefehlt hat: Konversation. Alles, was man um Myras Welt mitbekommt, sind ihre Gedanken und Beobachtungen von Dingen, die sich den Großteil der Zeit gleichen und von Selbstmitleid überflutet werden. Auch ihre pseudo-philosophischen Gedankengänge und das regelmäßige „Mimimi, mir ist so kalt.“ haben nicht besonders zu Atmosphäre beigetragen, wenn ich ehrlich bin. Der Inhalt, der sich um sie dreht, hätte eigentlich auf halb so viele Seiten gepasst. Doch so, wie es ist, scheinen die meisten Dinge, die Myra erlebt, einfach überflüssig und vorhersehbar.
Eine Hauptfigur, die sich als höchst unsympathisch entpuppt und eine farblose und unspannende Handlung. Dieses Buch entspricht definitiv nicht dem, was ich von Licia Troisi gewohnt bin.
2/7
ISBN: 978-3-453-31899-1
Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
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