Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges begibt sich eine Sondereinheit des Hitler-Regimes unter der Leitung von Oberst Dr. Furtwanger auf die »Expedition Mantodea«. Im Auftrag des Führers sucht sie in der afrikanischen Steppe nach einer Spezies der Stabschrecke, durch deren Verzehr Unsterblichkeit erlangt werden soll. Ziel der Expedition ist es, Hitler das ewige Leben zu verleihen.
Wir erfahren es hundertvierzig Jahre später, in einer technologisch hochstehenden und friedfertigen, doch gleichzeitig kitschig-skurrilen Welt, in der sich die Menschheit einem überbordenden Konsumrausch hingibt.
Doch der Schein trügt, denn es herrscht die totale Kontrolle und das Regime steht kurz dem Endziel: Adolf Hitler von den Toten zu erwecken, sodass der Führer ein ewig währendes Reich des Schreckens und eine Diktatur des Grauens errichten kann ...
In "Die schrecklich schöne neue Welt des Professor Furtwanger" wird dem Leser zu Beginn eine interessante, aber auch fantastisch angehauchte, neue Version vom Ende des 2. Weltkrieges geboten. Direkt aus dem heißen Afrika landet man unter Bombenhagel im Dritten Reich und kurz darauf in der Schweiz zur Jahrtausendwende. Und wie im "echten" Verlauf der Geschichte geschehen auch hier grausame, barbarische und nahezu unfassbare Dinge.
Auch wenn man meinen könnte, Hitler oder der Professor würden hier die Hauptrolle spielen, sind diese doch eher die sekundären Hauptprotagonisten. Die tatsächliche Hauptrolle hat Al. Ein Schweizer, der mehr oder weniger unverschuldet in die ganze Misere hineingezogen wird. Denn eigentlich schlägt er sich mit Problemen eines normalen 08/15-Mannes herum. Er will die Frau seiner Träume beeindrucken und schlägt sich irgendwie durch seinen Job.
Erst zur Mitte des Buches verknüpft sich sein Leben mit dem des Professor Furtwanger, wodurch teilweise leider der Rote Faden verloren ging und es mir vorkam, als lese ich eine andere Geschichte. Jedoch ergibt ab dieser Stelle auch alles einen Sinn und es wird immer aufregender, denn viele Schicksale verknüpfen sich und führen immer rasanter zum finalen Knall.
Ich finde, besonders betont werden muss, wie außergewöhnlich hier die Zukunft, genau genommen das Jahr 2084, beschrieben wird. Zwar halte ich es für weniger denkbar, dass in 70 Jahren die Menschheit schon derart ausgeartet ist, doch andererseits entwickeln wir uns derart schnell...
Die ganze Welt ist sehr futuristisch gestaltet und für mich persönlich war es die Kirsche auf dem Sahnehäubchen, dass jene Zukunft an Dystopien erinnert, die ich bereits gelesen habe. Beispielsweise steht auch in "Die schrecklich schöne neue Welt des Professor Furtwanger" die Bevölkerung unter dauerhafter Kontrolle, es gibt strikt getrennte Schichten und an der Spitze von allem sitzt ein Irrer. (Nicht, dass das heute so anders wäre...)
Die Art, wie Adrian Suter sein Buch geschrieben hat, finde ich ganz wundervoll. Es war beim Lesen so, als würde mir Al persönlich seine Geschichte erzählen, als hätte ich nicht allein in meinem Wohnzimmer gesessen und gelesen. All die Figuren in diesem Buch sind real geworden und haben charakteristische und sehr eigene Wesenszüge bekommen.
Und auch, wenn das Thema an sich nicht besonders viel Witz vermuten lässt, ist der Schreibstil des Autors leicht humoristisch angehaucht. Hin und wieder musste ich schmunzeln und mir hat dieses Buch sogar manch weniger schönen Tag versüßt.
Allan war auf dem Zenit seines Glücks, und manchmal hatte er fast Angst davor, wie makellos sich die Dinge zu seinem Gunsten entwickelten. Angst, eines Morgens aufzuwachen und zu merken, dass alles nur ein Traum gewesen war...
Seite 101
Auf dem Nachhauseweg überlegte er, ob er mit Vollgas gegen eine Hauswand fahren, den Wagen und sein Leben verschrotten sollte.
Seite 137
Dieses Buch ist ein Leckerbissen für wache Leser, die gerne mitdenken. Mit wirklich abgefahrenen Wendungen, Ansichten und einem grandiosen Finale.
(Dazu liefert es einen bitteren Beigeschmack zu dem Gedanken an die "reale" Zukunft.)
7/7
ISBN 978-3-9524463-8-6
Die Leseprobe zu diesem und den anderen Büchers des Verlags findet ihr hier.
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